Montag, 05. August 2002  
 


Meditation und ein langer Atem

Warm anziehen und untertauchen: Für die Athleten des Apnoe NRW-Pokals gab es nur diese beiden Möglichkeiten. (Foto: Gerd Gall)

Beim 2. NRW Apnoe-Pokal im Auesee blieb nicht nur den Zuschauern die Luft weg.

WESEL. Am Steg, an dem normalerweise die Taucher mit ihren großen Sauerstoff-Flaschen in den Auesee steigen, spielen sich ungewöhnliche Szenen ab: Apnoe-Taucher haben die Wasserhoheit übernommen. Jetzt liegen sie da: In Zweiergruppen und mit dem Kopf nach unten. Jeweils ein Betreuer steht daneben und gibt die Zeiten durch. Ein erhobener Daumen des "Abgetauchten" signalisiert, alles ist in Ordnung. "Wenn der Krampf anfängt", so der Ludwigsburger Oliver Haug, "ist es vorbei. Man verbraucht dann einfach zu viel Sauerstoff".

Als Kinder haben wir es wohl alle mal probiert: Wer kann unter Wasser am längsten die Luft anhalten? Mit ein wenig Schummeln klappte es vielleicht für eine Minute. Aus diesem Wettbewerb unter Kindern ist eine seriöse Wettkampfdisziplin hervor gegangen: das Apnoe-Tauchen. Dies ist Tauchen mit angehaltenem Atem.

Am Weseler Auesee veranstaltete die Apnoe International Divers Association-Deutschland (AIDA) den von der NRZ präsentiertzen zweiten Apnoe NRW-Pokal. In den Disziplinen Zeittauchen und Streckentauchen ermittelten 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ganz Deutschland die Sieger.

Um Tauchzeiten von sechs und mehr Minuten zu erzielen, benötigen die Aktiven eine spezielle Fitness. Haug (39 Jahre), diesjähriger Sieger bei den Herren mit 6:05 Minuten und Inhaber der deutschen Jahresbestleistung von 106 Metern in der Distanz, trainiert beispielsweise dreimal in der Woche Triathlon, steigt jedoch mittlerweile immer öfter zum Tauchen ins Becken. Für derartige Leistungen spielen Lungenvolumen, Selbstbeherrschung und innere Ausgeglichenheit eine große Rolle. Der Reiz besteht für die meisten im Erkennen eigener Grenzen sowie der geistigen und körperlichen Herausforderung.

Mittels Meditation und Kontemplation bereiten sich die Aktiven auf ihre Tauchgänge vor. Spezielle Atemübungen fördern das notwendige "weichere Zwerchfell". Die Vorbereitungszeit kann eine Stunde und mehr betragen. So bringen die Extremtaucher ihren Körper in einen Zustand großer Entspannung. Beim eigentlichen Tauchvorgang werden sämtliche Körperfunktionen reduziert, um mit dem vorhandenen Sauerstoff die lebenswichtigen Prozesse im Körper möglichst lange aufrecht zu erhalten und eine Tauchzeit von mehreren Minuten zu erreichen. "Im Idealzustand bezieht nur das Gehirn noch Sauerstoff. Sämtliche Körperbewegungen werden dann unterlassen", so Haug weiter.

Sicherheit und Gesundheit gehen dabei natürlich vor. Die Tauchgänge werden von Sicherungstauchern überwacht. Für eventuelle Notfälle steht jederzeit ein Arzt bereit. An diesem Tag saß er auf dem Steg é zum Glück beschäftigungslos.

04.08.2002    JÖRN FRERIKS