Helmut Rommel (links) und Dirk Nolsen sehen bei der Lippefähre nach dem Rechten. (Foto: Fuhrmann)

ARBEIT / Eigentlich ist der "Quertreiber" ein Schiff ohne Kapitän. Trotzdem sehen dort zwei "Ein-Euro-Jobber" täglich nach dem Rechten - und helfen bei Bedarf auch mal auf die andere Seite.

WESEL. Egal ob´s die Eiligen sind, die auf Teufel komm ´raus an der Kette ziehen, oder die Hilflosen, die die Hinweistafel nicht gelesen haben - Helmut Rommel kennt die Pappenheimer unter den Fährpassagieren. Seit der "Quertreiber" im Mai den Betrieb aufgenommen hat, schaut er als "Ein-Euro-Jobber" im Auftrag der Stadt hier täglich nach dem rechten. Und nicht nur das: Wer den 56-Jährigen am Ufer trifft, kann von der Erfahrung des Fähraufsehers profitieren: "Die Kette schön gleichmäßig ziehen, so dass sie immer ein bisschen durchhängt." Dann komme man zügig und kraftsparend ans andere Ufer. Nur mit der Kraft des Ruders dauert es derzeit wegen des niedrigen Wasserstands zu lange.

Beim Arbeitsamt hat Rommel im Frühjahr von dem besonderen Ein-Euro-Job gehört - und sich damals sofort beworben. Eine gewisse Qualifikation brachte er gleich mit: "Ich habe mal eine Binnenschiffer-Lehre angefangen." Die hat er zwar nicht beendet, dafür kann er aber gleich eine Reihe anderer, abgeschlossener Ausbildungen vorweisen, "Dreher, Schlosser, Schweißer - ich hab´ ganze Fabriken mit aufgebaut, rund um den Globus." Diesen Stress muss er heute nicht mehr haben, aber gegen einen geregelten 8-Stunden-Tag hätte er trotzdem nichts einzuwenden.

Oder eben der Job an der Fähre. "Ich sehe das hier als richtige Arbeit", lässt er keine Zweifel aufkommen, dass ein "Ein-Euro-Job" etwas anderes als ein Arbeitsplatz ist. Rommel: "Wenn der Staat mich versorgt, darf er Gegenleistungen erwarten." Ähnlich sieht das Dirk Nolsen. Rommels neuer Kollege kommt aus dem Garten- und Landschaftsbau und meint zu seinem neuen Job: "Entweder mache ich das hier ganz oder gar nicht." Bei der Lippefähre ist "ganz" angesagt.

Morgens um 7 Uhr macht einer der beiden die Fähre los und schaut bei einer Überfahrt, ob alles in Ordnung ist. Abends um 22 Uhr kommt der andere und kettet das Schiff an Land fest. "Zwischendurch kommen wir immer mal zu unterschiedlichen Zeiten hier vorbei", sagt Rommel. So stören sie Störenfriede und Vandalen.

Wenn sie dann schon mal da sind, stehen sie mit Rat und Tat zur Seite und packen - etwa bei Senioren - auch schon mal beim Übersetzen mit an. Außerdem "weisen wir ortsfremden Radfahrer natürlich den Weg." Und bei Bedarf gibt´s einen Kneipentipp gleich dazu.

Doch im Oktober kommt die Fähre ins Winterquartier und Rommels und Nolsens Verträge laufen aus. Und dann? "Die Hoffnung stirbt zuletzt", sagt der 56-Jährige. Beide wollen sich weiter bewerben, hoffen, dass ihre Arbeit an der Fähre gewürdigt wird. Dennoch sehen sie kaum Chancen für eine Festanstellung. Deshalb hoffen sie auf neue "Ein-Euro-Jobs". Spätestens im Mai, wenn der "Quertreiber" wieder ablegt.