Montag, 29.08.2005
 

Wasserzeichen

Was steckt drin? (Foto: Heiko Kempken)

H2O / Das wichtigste Lebensmittel kommt aus der Leitung - überall. Doch beim Inhalt gibt es deutliche Unterschiede.

Der Niederrhein ist ein vielfach geteiltes Land. Die Grenzen verlaufen oft innerhalb der Gemeinden. Dabei geht es nicht um Sprache, Weltanschauung oder Wohlstand. Es geht ums Trinkwasser. Zum Beispiel in Issum im Kreis Kleve. Während das Nass bei den Issumern aus dem Wasserwerk Geldern-Hartefeld stammt, sprudelt drei Kilometer entfernt aus den Wasserhähnen im zur Gemeinde gehörigen Sevelen, was das Werk in Nieukerk zu bieten hat. Und da ist Wasser nicht gleich Wasser.

Die Waschmaschinen in Sevelen brauchen zum Beispiel weniger Pulver oder Gel als die in Issum. Letztere schäumen nämlich mit härterem, das heißt kalkhaltigerem, Wasser. Dafür ist im Issumer Trinkwasser deutlich weniger Nitrat (15,3 mg/l) als im anderen Ortsteil (40 mg/l). Der Grenzwert liegt laut Trinkwasserverordnung übrigens bei 50 Milligramm pro Liter.

Nord-Süd-Gefälle in Duisburg Waschweiber haben´s also woanders gut als die Kranwasser-Trinker. Ihre Rechnung bekommen beide direkt von Gelsenwasser, dem Versorgungsunternehmen aus Gelsenkirchen. Das beliefert neben der Gemeinde Issum am Niederrhein auch noch Linnich und die Stadtwerke Duisburg. Allerdings nur die Stadtteile nördlich der Ruhr, einschließlich Homberg. Und in Ruhrort sogar nur den Teil nördlich des Vinckekanals.

In diesem genau abgesteckten Revier gibt es Trinkwasser vom Halterner See. Weiches Oberfächenwasser, am Ufer in den Boden gesickert. Es reist rund 50 Kilometer an, um sich dann gefallen lassen zu müssen, dass der zuständige Mann bei den Stadtwerken Duisburg sagt, das Wasser im Süden der Stadt schmecke besser. "Das ist natürlich nur meine subjektive Meinung", fügt Abteilungsleiter Frank Esters an. "Aber auch bei Tests mit den Kollegen fanden die meisten, dass das Wasser im Süden runder und weicher schmeckt."

Wer dort wohnt, der lässt nämlich Düsseldorfer Nass aus dem Hahn sprudeln. Das hat mehr Magnesium (12,5 mg/l) und Calcium (120 mg/l) als der Halterner Import - und manches Mineralwasser vom Discounter. Dafür bringt Calcium aber auch Kalkablagerungen mit sich. Das Wasser ist also härter als im Norden, obwohl es "weicher" schmeckt.Aus Bockum und Wittlaer kommt der größte Teil des Grundwassers, aus dem Wasserwerk Rumeln wird nur wenig beigemischt - der Nitratgehalt ist zu hoch. 1964 war das anders. Als das Werk in Rumeln gebaut wurde, wurde das Wasser aus sechs Brunnen sofort in die Leitungen gepumpt - ohne Filter, ohne Aufbereitung.

Das geht so heute nicht mehr und schon gar nicht, wenn man als Privatmensch im Kreis Kleve einen Brunnen hat. Gerade im Ländlichen ist das Grundwasser oft stark mit Nitrat belastet. Stellenweise liegen die Messwerte viermal höher als die für Trinkwasser erlaubten 50 Milligramm pro Liter.

Woher das Salz im Wasser kommt, ist klar. Nitrat ist Bestandteil vieler Dünger. Das NRW-Umweltministerium nennt "intensive landwirtschaftliche Nutzung und hohen Viehbesatzanteil" als Ursachen für viel Nitrat im Grundwasser.

Neun Brunnen für sechs Gemeinden Aus dem Reichswald holen die Stadtwerke Kleve das Wasser für ihre Kunden. Neun Brunnen liefern genug für die Menschen in der Stadt Kleve und den Gemeinden Bedburg-Hau, Kranenburg, Uedem und Weeze sowie in den Gocher Ortsteilen Nierswalde und Hülm. Die Qualität des Trinkwassers zählt im niederrheinischen Vergleich nicht zur Oberklasse: 38 Milligramm Nitrat pro Liter.

Etwas besser sieht es da schon in Wesel aus. Da stecken im Wasser 31 Milligramm Nitrat pro Liter. Die Stadtwerke fördern im Diersfordter Wald aus Tiefen bis zu 30 Metern Grundwasser, das im Wasserwerk Flüren aufbereitet wird. Nicht aus Flüren, sondern aus dem Gelsenwasser-Werk Hünxe-Bucholtwelmen kommt das Trinkwasser für Wesel-Lippedorf.

Bevor es aber bei in Lippedorf aus dem Kran kommt, ist erstmal Voerde Zwischenstation. Vorher ist noch nicht entschieden, welcher Tropfen nach Hünxe, Voerde oder in den Weseler Ortsteil fließt. Alles Nass, was in Bucholtwelmen am Wesel-Datteln-Kanal gewonnen wird, ist hartes Trinkwasser mit 17 Milligramm Nitrat pro Liter.

Original aus Voerde-Löhnen kommt das Wasser für Dinslaken. Mit 28 Milligramm Nitrat pro Liter und mittlerer Härte fließt es in die Gläser der Durstigen. Bei allen Durstigen in Dinslaken? Nicht ganz. Zwölf Haushalte werden nicht mit dem Voerder Wasser versorgt. "Das sind abgelegene Bauernhöfe, die ihre eigenen Brunnen haben", sagt Wolfgang Kammann, Sprecher der Stadtwerke Dinslaken. "Deren Wasserqualität überprüft das Gesundsheitsamt."

Weiche Ware ab 2006 Weniger mit Bekömmlichkeit als mit Service hängt ein neues Großprojekt der Energie Wasser Niederrhein (Enni) zusammen. Die versorgt Moers und Neukirchen-Vluyn mit Trinkwasser. Noch ist das, was in Moers-Vinn und in der Süsselheide in Niep gefördert wird, relativ hart, ab Mitte 2006 soll es weicher werden. Dazu baut Enni in Moers eine zentrale Wasser-Enthärtungsanlage für rund fünf Millionen Euro.

Die soll dann das Wasser aus Vinn und Niep entkalken und mit der neuen Mischung besonders die Kunden in Moers zufrieden stellen. Die waren nämlich weiches Wasser aus den Zeiten vor Enni gewohnt. Das Einheitswasser sorgte für Kalkablagerungen, wo vorher keine waren. Das soll sich jetzt ändern. "Insgesamt summieren sich die jährlichen Kundenvorteile nur beim Waschen schnell auf zwanzig Euro und mehr", verspricht Enni-Geschäftsführer Dietmar Jakobs. Das behandelte Wasser soll dann allerdings auch etwas mehr kosten.


29.08.2005     LIS KANNENBERG

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