Dienstag, 14.02.2006
 

"Eine Pflanze wächst nicht ohne Dünger"

Milchvieh und Ferkel hat Landwirt Cornelius Tigler in seinen Ställen und hundert Hektar Acker und Grünland im geplanten Wasserschutzgebiet. Gegen seine Ausweisung will er sich wehren.

UMWELT / Heute beginnt die Erörterung rund ums Wasserschutzgebiet Gindericher Feld. 615 Einwendungen gingen gegen die Planung ein.

WESEL. Die Planung begann lautlos, ohne dass Details an die große Glocke gehängt wurden. Und so wussten bis vor kurzem nur die wenigsten, dass im Gindericher Feld ein Wasserschutzgebiet vorgesehen ist. Es wird als letztes Trinkwasserreservoir im Regierungsbezirk Düsseldorf genannt und soll einmal 450 000 Menschen versorgen.

Was das für die Bewohner des Areals von Menzelen-Ost über Büderich, Gest und Ginderich bis Perrich und Werrich bedeutet, wurde nie so richtig deutlich. Doch einige von ihnen informierten sich. So wie Landwirt Cornelius Tigler aus Werrich, der in den Ställen seines Hofs Milchvieh und Ferkel hält. Heute ist er, wie viele andere Betroffene auch, in der Niederrheinhalle. Denn dort beginnt um 10.30 Uhr der Erörterungstermin zur Festsetzung des Wasserschutzgebietes.

Teilnehmen dürfen nur Einwender. Davon gibt es reichlich. Allein 68 meldeten sich während der öffentlichen Auslegung im Weseler Rathaus vom 16. November bis zum 19. Dezember 2005. Die restlichen 547 machten ihre Eingabe anderswo.

"Wir haben die Leute erst einmal darauf hingewiesen. Viele wussten gar nicht, was auf sie zukommt", sagt Cornelius Tigler. "Denn wer jetzt keine Einwendung gemacht hat, hat kein Anrecht auf eine Entschädigung". Er und seine Mitstreiter, darunter etwa hundert Landwirte, wissen allerdings auch, dass eine Entschädigung kaum weiterhilft. "Wir müssen schließlich unsere Flächen bewirtschaften."

Das wird nicht mehr so möglich sein wie bisher. Weder Gülle noch Stallmist hätten dann auf seinen hundert Hektar großen Flächen etwas zu suchen. Dabei sei doch klar: "Eine Pflanze wächst nicht ohne Dünger."

Für Tigler gibt es keine Notwendigkeit, das Gebiet unter Schutz zu stellen. "Wir haben genug Wasserschutzzonen", ärgert er sich. Zudem hätten alle längst begriffen, wie mit der Umwelt umgegangen werden müsse. Das beste Beispiel sei die gute Wasserqualität im Gindericher Feld. Mit dem Schutzgebiet begännen die Probleme für alle Grundstückseigentümer. Ihre Häuser seien weniger wert, es gebe Einbußen bei Miete und Pacht sowie Auflagen bei Kleinkläranlagen. Die Mehrkosten müsse jeder tragen.

Der Antrag auf Erweiterung der Abgrabung Pettenkaul, den die Firma Hülskens gestellt hat, wurde vom Kreis bereits negativ beschieden. Schließlich gilt in dem Bereich längst eine Veränderungssperre. Hülskens hat den Klageweg beschritten und ist heute ebenfalls als Einwender in der Niederrheinhalle vertreten, wie Geschäftsführer Jörg Hüting sagt. Er verweist auf den sehr viel geringeren Wasserbedarf gegenüber früher und darauf, dass es am Niederrhein kein Wasserproblem gebe. Es könne doch nicht angemessen sein, dass demnächst 22,25 Prozent des Kreises Wesel als Wasserschutzgebiet ausgewiesen seien. Das Kieswerk in Ginderich sei von enormer Bedeutung. Hier müsse das Schlagwort "Vorfahrt für Arbeit" gelten.

Das Wasserschutzgebiet würde die Arbeit zum Erliegen bringen und 55 Arbeitsplätze kosten, sagt Jörg Hüting. Bei der Abgrabung Pettenkaul handele es sich um das letzte Hülskens-Kieswerk in Wesel. Hier werde Kies und Sand in hervorragender Qualität abgebaut. Und auch der Weseler Hafen profitiere davon. Dort werde ein Teil des geförderten Materials umgeschlagen.

Kreis und Stadt Wesel unterstützen die Betroffenen, zu denen beispielsweise auch Gerhard Quernhorst gehört. Der Gindericher befürchtet, dass die Grundstückswerte im Gindericher Feld sinken. Das sieht Bürgermeisterin Ulrike Westkamp ähnlich. Sie hält in dem Bereich die wirtschaftliche Entwicklung für behindert bis ausgeschlossen und will das Thema erneut im Ausschuss für Stadtentwicklung am 1. März behandeln.

Die Weseler Verwaltungschefin erkennt keinen Bedarf für ein weiteres Wasserschutzgebiet an dieser Stelle. Die geringe Wasserqualität rund um die Niers sei kein Argument für die Ausweisung an dieser Stelle. Der Stadt Wesel sei zudem nicht bekannt, dass nach Alternativen gesucht wurde. Immerhin seien sieben der zehn vorgesehenen Brunnenstandorte auf Weseler Gebiet, wo weiter verschärfte Bestimmungen gelten. Die massiven Ge- und Verbote beträfen letztlich alle in diesem Bereich.

14.02.2006     PETRA HERZOG

Zeitungsverlag Niederrhein GmbH & Co. Essen Kommanditgesellschaft