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WASSERSCHUTZ / Bezirksregierung will ein Trinkwassergebiet ausweisen. Bei der Erörterung bleibt sie Antworten schuldig. Am Wasser hängt doch alles. Gesundheit und Arbeit, Wohl und Wehe. Wer nahe am Wasser wohnt, weiß das besonders gut. Landwirt Cornelius Tigler hält auf seinem Hof in Werrich bei Wesel Milchvieh und Ferkel. Natürlich braucht er Wasser genau so wie Land, auf dem er arbeiten kann. Das dürfte ihm in Zukunft schwer fallen. In Wesel, Alpen und Xanten reden derzeit viele Menschen darüber, dass ihre Zukunft schwerer wird, weil das Wasser in ihrer Nähe verwaltet und geschützt werden soll. Das Gindericher Feld rund um Ginderich, Büderich und Menzelen soll als Wasserschutzgebiet und Trinkwasserreservoir ausgewiesen werden.Kiesindustrie, Landwirtschaft, Stadt und Kreis Wesel sowie Anwohner protestieren gegen die Pläne der Bezirksregierung Düsseldorf. Derzeit läuft das Erörterungsverfahren in der Weseler Niederrheinhalle. Da dort viele Leute reden, ist das Ende offen. Wie soll etwas wachsen? Wobei eine Frage von der Bezirksregierung bislang nicht beantwortet wurde. Die wichtigste, deren Nichtbeantwortung die Mühen der Gegner wie an einer Regenhaut abprasseln lässt: Warum ausgerechnet das elf Quadratkilometer große Gebiet in Ginderich? Das fragen sich Anwohner, die um ihren Grundstückswert bangen. Denn wenn jemals Trinkwasser gefördert werden sollte und sich der Grundwasserspiegel ändert, könnten neben den immerwährenden Bergsenkungen weitere Schäden hinzukommen, bei baulichen Veränderungen gäbe es Einschränkungen. Das fragen sich die Kiesindustrie und eine Spedition, vertreten durch die Unternehmen Hülskens und Imgrund, die um jetzige und zukünftige Gebiete (und Arbeitsplätze) bangen. Das fragen sich auch Landwirte wie Tigler, die in einem Wasserschutzgebiet nicht mehr so düngen dürften, wie sie es gewohnt sind und Erträge schwinden sehen. Tigler: "Eine Pflanze wächst nicht ohne Dünger." Und nicht als Letzte fragen sich das die Stadt und der Kreis Wesel, die 1000 Arbeitsplätze in dem Gebiet ausmachen und das wirtschaftliche Potenzial in der Randlage zu Wesel bedroht sehen: Warum Ginderich? Das hat die Bezirksregierung nicht beantwortet und wird es aller Voraussicht nach auch nicht tun. Obwohl dann stramme 22,25 Prozent des Kreises als Wasserschutzgebiet ausgewiesen wären. Obwohl sich in der Bönninghardt ein Gebiet benennen ließe. Obwohl - wie CDU-Kreistagsmitglied Henrich Henrichs sagte - "Existenzen gefährdet" seien und die Bezirksregierung mit "dramatischer Eile" handle. Diese Argumente, diese Fragen der 615 "Einwender" gegen das Vorhaben bleiben im Kern unbeantwortet. Den Fragenden gehen die Fragen aus, weil sie keine Antworten bekommen. Nach drei Tagen beginnt sich die Erörterung im Kreis zu drehen. So bleibt stehen: Die Bezirksregierung will das Gebiet Gindericher Feld als letztes Trinkwassereservoir im RegierungsbezirkDüsseldorf benennen und daraus einmal 450 000 Menschen versorgen. Was allein die Kreisgruppe Wesel des Naturschutzbundes (Nabu) unterstützt. Die sieht nach der "Wasserbilanz 2003" der Bezirksregierung die Trinkwasservorräte landesweit rückläufig und durch Nitrateintrag der Landwirtschaft gefährdet. Aus Vorsorge für die Gesundheit der Bevölkerung hält es der Nabu daher für konsequent, wenn das Gebiet trinkwassergeschützt wird. Damit würde der Landwirtschaft zudem nicht noch mehr Boden durch Auskiesung entzogen. Außerdem würden Bauern entschädigt und später stünde der Region Trinkwasser dann langfristig als Handelsware zur Verfügung, sagte Nabu-Vorsitzende Hannelie Steinhoff. Was ist mit den Deichen? Mit dieser Argumentation stehen die Naturschützer allein auf nasser Flur gegen Bauern, Anwohner und Lokalpolitik. Denn aus deren Reihen stammten auch "Einwender", die spitzfindig bemerkten, dass alle Trinkwasserpläne bei einem Rheinhochwasser zunichte gemacht werden könnten. Wenn Schmuddelwasser das Gindericher Feld flutet, wäre Essig mit der süßen Handelsware Trinkwasser. Es mag Zufall sein, aber just für den gestrigen Freitag lud die Bezirksregierung in Düsseldorf zu ihrer alljährlichen Hochwasserschutzkonferenz, bei der die Deichverbände über Probleme und Stand des Sanierungsprogramms unterrichtet wurden. Walter Stork, Abteilungsdirektor der Umwelt- und Verkehrsabteilung: "Trink- und Grundwasser standen nicht zur Diskussion. Das ist ein ganz anderes Thema." So war denn die gestrige Hochwasserschutzkonferenz eher eine Bilanz des seit 1995 laufenden Programmes zur Deichsanierung. Die besagt, dass 70 von 89 Rheinkilometern im Kreis Wesel auf dem letzten Stand der Technik sind, dass 130 Millionen Euro verbaut wurden und dass nach einer Studie der Technischen Hochschule Aachen die mögliche Kammerung der Deichbereiche Friemersheim, Orsoy und Poll die Sicherheit im linksrheinischen Bereich zwischen Krefeld und Xanten auch unter Berücksichtigung der Bergwerke West und Walsum erheblich erhöhen würde. Was der Stand vom letzten Jahr ist. Auf der aktuellen Internetseite der Bezirksregierung steht: Hochwasser: Entspannung, aber keine Entwarnung.
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