Von FRITZ SCHUBERT
WESEL. Still ruht der See. Doch under trügerisch-glatten Oberfläche gärt es. Zwar langsam, aber gewaltig, wie besorgte Beobachter des Auesees meinen. Mitglieder der Tauchsportgemeinschaft (TSG) Wesel gehen dem Übel jetzt verstärkt auf den Grund. Nach einem Umweltseminar gründete sich eine Biologiegruppe, die regelmäßig in verschiedenen Tiefen Proben entnimmt, um Veränderungen aufzuzeigen. Entwarnung vorweg: Der Auesee ist nach wie vor in einem Topzustand und seine Benutzung absolut unbedenklich. Auf einer Skala von eins (Bergsee) bis fünf (Sumpf) rangiert er bei zwei mit Tendenz zu drei.
"Jeder flache See wird irgendwann zum Moor!", sagt Jürgen Bossak, stellvertretender TSG-Vorsitzender. Der Froschmann warnt aber vor einer allzu rapiden Entwicklung. Denn während die Natur dafür vielleicht 150 000 Jahre benötige, so könne dies in Wesel bereits in wenigen Jahrzehnten gelaufen sein. Der größte Teil des Sees sei in Ordnung, aber gerade im Badebereich mehrten sich Anzeichen für ein Überangebot von Nährstoffen. Schlingpflanzen und Algen sorgten nicht nur für trübe Sicht. An einigen mittlerweile sauerstofflosen Stellen biete der tiefschwarze Boden den Anblick verbrannter Felder. "Mit schwefeligen Ausgasungen, die sozusager durch die Maske stinken", sagt Taucher Bossak. Hier sei jegliches Leber erstickt worden.
Was das bedeutet, das ließen sich rund 20 TSG-Mitglieder jetzt von Dr Andreas Heisig erklären. Er ist Biologe an der Universität Köln und Umweltreferent des Tauchsportverband des. Mit Mikroskop und Lupe gingen die Teilnehmer unter seiner Leitung auf die Suche nach den Ursachen für die Belastung. Fazit: Düngemittel der umliegenden Landwirtschaft, intensive Nutzung des Freizeitzentrums übernatürlich viele Vögel. Dabei hätten die Vögel nicht nur keine Feind zu fürchten, sie würden zudem vor Spaziergängern unnötigerweise gefüttert. Ein gut gemeinter Umstand, der laut Bossak aber fatale Folgen habe "Herabfallen Brotstückchen verbrauchen im Zersetzungsprozeß ungeheuer viel Sauerstoff. Die Situation ist vergleichbar mit der mittlerweile verpönten Winterfütterung durch Meisenringe und ähnliches. Eigentlich bietet der See genug Nahrung."
Als weitere Ursache vermutet Dr. Heisig proteinhaltige Stoffe, die von den Anglern zum Anfüttern der Fische verwendet werden. Daß mit dem biologischen Gleichgewicht etwas nicht stimmt, haben auch die Petri-Jünger festgestellt. Wie Günther Schlösser, Vorsitzender des Angelsportvereins erklärt, ging der Bestand an Weißfischen wie Rotaugen und Brassen um mehr als die Hälfte zurück. Hingegen gedeihen Karpfen, Hechte, Zander, Barsche, Schleien und Aale prächtig. Auch die Angler haben kürzlich eine Untersuchung ihres Hausgewässers in Auftrag gegeben. Das Ergebnis des Fischereibiologischen Instituts der Uni Köln liegt zwar noch nicht vor, doch berichtet Schlösser von "großen Algenteppichen - auch an Stellen, die nur durch Vögel erreicht werden können". Er schätzt, daß Landwirtschaft, fütternde Spaziergänger oder Angler, die sich im übrigen eine Fütterbeschränkung auferlegt hätten, nicht der Hauptgrund sind, sondern Exkremente des Gefieders.
Einig sind sich Taucher und Angler, daß für den Erhalt des Auesee etwas getan werden müsse. Sie wollen die Ergebnisse ihrer Untersuchungen vergleichen und sich regelmäßig ihre Beobachtungen mitteilen. Als wirksamer Filter, der laut Taucher, Bossak die Wasserqualität verbessern würde, sei Schilf anzusehen. Wir haben bereits versucht, Schilf anzupflanzen, doch ist uns das nie gelungen", sagt Angler Schlösser. "Er packt nur in wind- und wellenarmen Uferregionen." Für Schilf ruht der See offenbar nicht genug.